Freaky Village (8): Seevergiftung

Wochen sind inzwischen vergangen, und so viel ist passiert. Spannendes, unglaubliches, schockierendes, erfreuliches. Doch der Reihe nach.

Nachdem es uns gelungen war, den Leuchtturm wieder zugänglich zu machen, kämpften wir schon mit der nächsten Bedrohung. Aus unerfindlichen Gründen gelangte Gift in unseren See. Stinkende Schwefelschwaden hingen Tag und Nacht über dem Wasser, mit dem man sich nicht einmal mehr hätte den Hintern abwaschen wollen, und sorgten für einen dichten Nebel. Diese scheussliche Vergiftung hatte offensichtlich auch die Wildtiere im Wald wahnsinnig gemacht, denn zu allem Überfluss war fast ständig Wolfsgeheul in der Ferne zu hören. Es war also nicht nur ekelhaft, sondern bedrohlich!

Wieder einmal waren wir also gezwungen, zusammen zu rücken. Jeder trug sein Quentchen dazu bei, der Seevergiftung entgegen zu wirken. Ich selber durchforschte jedes Zipfelchen Papier, das ich in der Bibliothek finden konnte in der Hoffnung, auf Aufzeichnungen der Vergangenheit zu stossen, die ähnliche Phänomene schon einmal beschrieben hatten. Und tatsächlich konnte ich etwas in den alten Tagebuch-Einträgen des Pfarrers finden. Allerdings klang das alles sehr fantastisch, denn der Pfarrer hatte ziemlich genau ein esoterisches Ritual beschrieben.

Da aber alle anderen Versuche, den See vom Schwefel zu befreien, bisher fehl geschlagen waren, teilte ich meinen Fund mit den anderen. Ich war zwar nicht wirklich davon überzeugt, dass ein solches Ritual auch nur ansatzweise etwas bewirken könnte, aber wie sagt man so schön? In der Not frisst der Teufel Fliegen! Also unterstützte ich die Vorbereitungen der anderen, die für die Idee eines Rituals erstaunlicherweise mehr als zugänglich waren. Was ich aber nur solange erstaunlich fand, bis ich mich wieder daran erinnerte, dass die meisten Bewohner in Freaky Village unglaublich abergläubisch sind. Es hätte mich also nun wirklich nicht verwundern dürfen.

Schliesslich war es so weit, und wir zogen gemeinsam mit unseren vorbereiteten Ritual-Utensilien in die Nacht und an den See. Um ehrlich zu sein, an sehr viel erinnere ich mich nicht mehr, und vielleicht ist das sogar besser so. Gleich anfangs wurde starker Alkohol ausgeteilt, und wer mich kennt, weiss genau, wie „gut“ ich das Zeug vertrage. Nämlich gar nicht. Dementsprechend waren meine Sinne innerhalb kürzester Zeit vernebelt. Was mir zugute kam, als mir irgendwann in der Nacht wieder so meine Narben gebrannt haben. So ähnlich wie das eine Mal, als ich auf Flor getroffen bin. Übrigens eine ziemlich unheimliche Erscheinung, diese Frau! Vielleicht sollte ich in Zukunft immer einen Flachmann bei mir tragen, falls ich ihr wieder einmal begegnen sollte. Aber das nur am Rande. Fakt ist, der Alkohol hat den Schmerz gut betäubt.

Ansonsten erinnere ich mich noch zumindest daran, dass so etwas wie ein riesiger Chanukkaleuchter gebrannt hat, irgendwer einen Singsang anstimmte, und wir am Ende bis zur Erschöpfung tanzten. Es war ein bisschen wie ein ausgeufertes Pfadfindertreffen am Lagerfeuer mit Klampfe und Schlagerhits und anschliessendem Barbeque. Apropos, wieso denke ich gerade an Barbeque und Hirschbraten? Irgendwann waren die Feuer wie von Zauberhand ausgelöscht und wir standen im Dunkeln. Aber es lag eine andere Luft über dem See. Die Schwefelschwaden hatten begonnen, sich langsam aufzulösen. Innerhalb der nächsten Tage verschwanden sämtliche Anzeichen für eine Seevergiftung, als hätte es sie nie gegeben! Es war wie ein Wunder. Aber ich glaube nicht an Wunder sondern an die Wissenschaft. Es muss eine Erklärung für das alles geben! Die Zeit wird es schon zeigen, davon bin ich überzeugt.

Fotografin: Flor

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